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KERSTIN BRÄTSCH
MIMIKRY

21. Januar 2023 – Februar 2027

In der Reihe der Interventionen präsentiert das Fridericianum die Arbeit MIMIKRY von Kerstin Brätsch. Die komplexe, raumgreifende Installation wurde von der in Hamburg geborenen Künstlerin eigens für die Rotunde im Zentrum der Kunsthalle entwickelt und bildet den neuen Rahmen des dort befindlichen Cafés. Sie schließt unmittelbar an jene Cafégestaltungen an, die Brätsch 2019 im Museum of Modern Art in New York sowie 2021 in der LUMA Foundation in Arles realisierte.

MIMIKRY reflektiert einen Teil der Erdgeschichte, der den in ihren Dimensionen kaum fassbaren Kontext des menschlichen Daseins bildet. Gesteine, Sedimente und Fossilien werden in Form von Wandtapeten, Fenstervorhängen, lichtdurchlässigen Raumteilern und skulpturalen Tischen zu einem funktionalen Teil des Caféinterieurs. Das Vergangene zieht sich in die Gegenwart hinein – ein Eindruck, der durch zahlreiche Darstellungen von lebendigen Dinosauriern noch verstärkt wird. Zu der Vergangenheit, deren Ablagerungen Brätsch in ihrem Werk mit zeitgenössischen Materialien rekonstruiert, zählen die Urzeiten des Planeten ebenso wie die Werkgeschichte der Künstlerin. Auch der Titel der Arbeit greift diese Verschränkung auf. Mimikry bezeichnet die Nachahmung optischer, akustischer oder auf den Geruchssinn abzielender Signale von Lebewesen, um andere Lebewesen zugunsten des eigenen Überlebens zu täuschen. In MIMIKRY vollzieht die Künstlerin diesen Prozess bildlich an sich selbst. Die Muster, Ornamente und Oberflächenstrukturen der Installation zitieren frühere Arbeiten, die selbst Nachahmung zum Thema haben. Einerseits handelt es sich dabei um die Marmorierungen der Werkgruppe Unstable Talismanic Renderings (seit 2014), die unter anderem Gesteinsformationen vortäuschen. Andererseits sind die polymorphen Tischplatten aus Kunststein, die auf bunt schillernden Beinen ruhen, mit pinselstrichartigen Motiven aus der seit 2017 entstehenden Serie Fossil Psychics (Stucco Marmo) bedruckt. Im Spiel mit Imitation, Materialien unterschiedlichster Qualität sowie diversen Herstellungsverfahren „sedimentiert“ Brätsch ihre malerische Praxis und erprobt künstlerische Überlebensstrategien. An der Grenze von Kunst und funktionsorientiertem Design begegnet sie den Betrachter*innen augenzwinkernd als überaus gegenwärtige Dinosaurierin. So lädt MIMIKRY kleine und große Besucher*innen nicht allein zum Verweilen ein. Die Arbeit regt ebenso zu einer ungewohnten Auseinandersetzung mit Zeit und Zeitlichkeit sowie mit kunsttheoretischen Fragestellungen an.